Mittwoch, 10. Mai 2023

Handwerkskunst

In Schweden ist es sehr verbreitet, zu weben. Manche Menschen haben Webstühle zu Hause, etliche gehen dazu in eine Webstube (Vävstuga). Es ist schon eine Weile her, seit ich das erste Mal bei einer (Hobby-) Weberin zuschauen konnte. Sofort war ich ein bisschen infiziert. Das möchte ich auch können! 

SCHWEDISCHE WEBER 
Möklinta schützen
Gesellschaft zur Erhaltung des kulturellen Erbes

Ja, diese Tradition sollte geschützt und die Ausführenden unterstützt werden. Denn außer mir ist nur noch eine der Webdamen unter 65 Jahre alt. Und junge Menschen kommen da wohl nicht nach. Also wird, über kurz oder lang, dieses Kunsthandwerk (Und damit meine ich nicht mein weben!) aussterben... Was da entsteht...das sind für mich teilweise kleine Kunstwerke. Vielleicht darf ich nächstes Mal die entstehenden Dinge fotografieren. Ich frage mal nach. Dann kann ich Euch zeigen, was ich damit meine.

Das Universum hat meinen Wunsch nicht vergessen. Denn vor einer Weile erzählte mir eine Freundin, dass sie in ihrer Vävstuga jetzt einen laaaangen Teppich weben wollen. Der König kommt nächstes Jahr nach Sala, welches 400jähriges Jubiläum hat, und da soll ein gewebter roter Teppich ausgelegt werden. Da war mir klar, dass ich da mitmachen möchte. Als ich dann noch erfuhr, dass meine Lieblingsfarbe der Hauptbestandteil ist, war das ein zusätzliches Schmankerl. 😉
Und so wurde ich vor vier Wochen angelernt...





Der aufgerollte Teil ist nicht von mir. Da waren schon andere Frauen vor mir fleissig. 😊 Ich habe vorige Woche, beim 3. Mal weben, die 1-m-Marke überschritten. Juhu! Es geht also eher in kleinen Schritten vorwärts.


Manchmal geht es auch rückwärts, nämlich dann, wenn das Garn nicht dicht genug liegt. Das mag ich überhaupt nicht. Also trenne ich es wieder auf. 😒 Es soll ja ordentlich aussehen.


Ich habe beim Weben richtig Freude (Also außer wenn ich auftrennen muss oder die Fäden nicht so wollen wie ich will.)! Zu sehen, wie etwas unter meinen Händen entsteht ist toll!! 

Doch um Fäden zum Weben zu haben, muss man erst einmal Stoffe zerschneiden. Das sind in diesem Fall Spenden sowohl von den Webdamen (wie ich sie nenne) als auch von webfremden Menschen (denke ich). Ich bekam jede Menge Stoff in die Tasche gestopft als ich mich zum Schneiden bereit erklärte.


In meiner grenzenlosen Ahnungslosigkeit....schnitt ich mit der Schere los. Natürlich schneidet man nicht einfach Streifen, nein, das ist beim Weben voll bäh! Die Streifen müsste man dann anstückeln - das wollen wir nicht. Also schneidet man....nun ja...anders eben. Zeitraubender.
Später kam ich auch die Idee, mit meinem Schneideroller loszulegen.


Das ging ein kleines bisschen schneller. Doch auch da kam noch die Schere zum Einsatz. 
Am Ende: ca. 30 Stunden für diese Knäuel:


Es gibt auch Knäuel in den Kisten, da wurden von anderen Menschen nur Streifen geschnitten, mal 20, mal 50 cm lang. Da mir das eine Stoffmuster gefiel, nahm ich die zwei Knäuel mit - zum Streifen zusammennähen.


Zusammennähen und glatt aufrollen des rechten Knäuels: 3 Stunden.


Die linke Kugel wartet noch auf mich. Und ich habe am Montag ein kleineres graues Knäuel zum Nähen mit nach Hause gebracht. Und eins zum Ecken abschneiden. (Irres Lachen einfügen. 😜😉) 

Ich schreibe das so ausführlich, weil ich aufzeigen möchte, wie zeitintensiv dieses Hobby sein kann und was da unter Umständen dazu gehört (Es wird auch mit Wollgarn oder fertigen Fäden gewebt und das Zuschneiden entfällt. Doch für einen Flickenteppich...). Und dabei weiß ich nicht einmal genau, wie lange es dauert, die Fäden zu ziehen, durch die ich das Garn ziehen kann. Denn das habe ich nicht miterlebt. Bei einer Webdame haben sie zu zweit schon zwei Webnachmittage ( 3 - 4 Stunden) mit Fäden ziehen zugebracht - seit ich dabei bin. Ich werde am kommenden Montag mal fragen, ob sie das für den Teppich noch wissen.

Das Schönste habe ich am Montag erfahren:
Ich fragte nach, was mit dem Teppich nach dem Besuch und dem Drüber laufen des Königs passiert. In meinem Kopf schwabberte die Idee, dass vielleicht Einzelteile daraus gemacht und diese dann für einen guten Zweck versteigert werden. (Die andere war: Der König muss sich den Teppich durchs ganze Schloss legen bei der vielen Arbeit, der massig Zeit und dem Geld -für extra gekauften Stoff-, was darin steckt.) Doch es wird anders werden - fast noch schöner. 😉 Jede Weberin erhält danach ihr gewebtes Stück für den Eigenbedarf. TOLL! Und wie eine der Webdamen zu mir meinte: "Da kannst Du dann Deinen deutschen Freunden erzählen, dass über den Teppich der König gelaufen ist. So etwas hat nicht jeder." 😊

Herzliche Grüßels aus Dalarna!

Anneke

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