Mittwoch, 11. Mai 2022

Erfahrungsbericht schwedisches Gesundheitssystem - Sie, Teil 5, OP

Die Zeit bis zur OP verging mir zu langsam. Immer, wenn ich gefragt wurde, ob ich denn Angst hätte, verneinte ich. Ich war voller Freude darüber, dass ich dann endlich wieder ordentlich gehen kann. Da hatte Angst keinen Platz. 😊
 
Ich beschreibe nicht jede Handlung von diesem Tag, keine Angst, sondern Dinge, die mir wichtig waren und auch irgendwie noch sind. Denn schließlich ist das hier auch so eine Art Tagebuch für mich...

Operationstag. Treffpunkt 10.30 Uhr, Abteilung 18, Falu Lazarett.
Da ich keine Ahnung hatte, wie das mit Essen nach der OP sein würde, packte ich mir ein mit Butter belegtes Bürli und einen Apfel ein. Man weiß ja nie. 😉

Der Liebste fuhr mich nach Falun ins Lazarett. Er durfte gerade noch die Station betreten, ins Zimmer durfte er nicht mit, wir verabschiedeten uns im Flur. So hatte ich mir das nicht vorgestellt... 😦
Ich bekam einen Fensterplatz, Krankenhauswäsche und die Aussage, dass ich bitte alle persönlichen Wäscheteile aus- und diese Krankenhauswäsche anziehen und dann warten soll.


Mit im Zimmer, hinter einem Paravent, lag eine ältere Dame und wartete ebenfalls auf ihre OP. Nun denn... Unser Zimmer lag direkt neben dem Dienstzimmer, unsere Tür war auf, ein Radio lief, Gespräche auf dem Flur, telefonierende Schwestern...Geräuschüberflutung für meinereine.
Glücklicherweise war da meine Fensteraussicht...

Es stellten sich jede Menge Schwestern vor, die alle ihre Aufgaben hatten und diese an und mit mir abarbeiteten. (Unter anderem erhielt ich die Info, dass meine OP für 12.30 Uhr eingeplant ist, eine 'infart' = Kanüle, Flüssigkeit per Schlauch u. a. m.)  Gemerkt habe ich mir hier jedoch nur zwei Namen - Viktoria und Rosie (Kronprinzessin und Muttis Name in einer etwas anderen Schreibweise).
Gegen 11.30 Uhr fing es dank der offenen Tür an, nach Essen zu riechen. Als eine weitere Schwester kam, bat ich sie, die Tür zu schließen, weil ich doch so hungrig sei und es so nach Essen roch. Sie schloss die Türe lächelnd.
Um 12.40 Uhr schrieb ich dem Liebsten, dass ich noch auf dem Zimmer sei. Um 12.45 Uhr  schrieb ich, dass es nun los geht. 😳
In den OP wurde ich von Robert (wieder ein mir bekannter Name) begleitet. Vom Vorraum aus, in den ich mit dem Bett gefahren wurde, ging es zu Fuß weiter.
Nach einer kurzen Zeit wurde Robert von Alexander abgelöst. Dessen Name habe ich mir gemerkt, weil er deutsch sprach und seine Großeltern aus der Nähe von Dresden kamen/kommen. Viele Menschen...schlafen...
Aufwachraum. Jede Menge Schwestern wuselten dort herum. Als ich wach wurde, fing ich an zu weinen. Sofort war eine Krankenschwester bei mir und fragte, was mit mir sei. Ich sagte ihr, dass ich glücklich bin, endlich ein neues Knie zu haben! Wie so ein kleines Lauffeuer ging wispernd es durch den Raum „Sie weint, weil sie glücklich ist.“... Ich fragte nach, wieviel Menschen sie am Tag beim Aufwachen begleiten - in zwei Räumen bis zu 50 PatientInnen am Tag war ihre Antwort. WOW!
Um 18.30 Uhr ging es zurück in die Abteilung 18. Sofort waren einige Schwestern um mich herum und halfen mir ins Bett. „Was möchtest Du essen? Du kannst alles haben.“ Da ich keinen Plan hatte, was es gibt, fiel mir die Auswahl schwer. 😲 Eine Krankenschwester holte eine Liste...auf der etliches durchgestrichen war. Ich entschied mich dann für einen Paj. Der war lecker. Und klein. Und ich war nicht satt. Doch da waren ja noch Apfel und Bürli in der Tasche. Das hatte ich strategisch so günstig gelegt, dass ich da auch ran kam. Und ich schrieb dem Liebsten, dass ich die OP gut überstanden habe. 😍
Meine Mitnachbarin war die Chefin von der Fernsehfernbedienung. Und sie hörte etwas schlecht. 😉 Zum Glück hatte ich ja meinen CD-Player und die Kopfhörer mit. Dachte ich. Denn den CD-Player hatte ich vergessen. Zum Glück passten die Kopfhörer ans Handy... 😁

Irgendwann war der Fernseher aus und ich versuchte, zu schlafen. Das gelang dann gegen 22 Uhr auch. Leider kam um 1.00 Uhr der Nachtdienst zum Blutdruck und Fieber messen. Es dauerte ewig, bis ich wieder schlief. Nicht lange, denn um halb 5 wurden wieder Blutdruck und Fieber gemessen. 😩
Zum Frühstück gab es Wunschkonzert. Allerdings war ich mit den schwedischen Gepflogenheiten nicht so vertraut. Es gab einen Zettel, was es alles gab. Da stand unter anderem auch Milch drauf. Ich dachte, die gibts im Glas und zum Trinken. Und weil die Frau, die das Essen zurechtmachte, sich wohl wunderte, dass ich nur Milch aufgeschrieben hatte, gab sie mir Cornflakes dazu. Außerdem dachte ich, dass ich süß und herzhaft bestellen kann. Allerdings dachte ich auch da falsch. Denn es gab die Marmelade nicht auf einer Schnitte sondern extra. Einen Teil gab ich zu den Cornflakes. Ich erklärte der Frau beim Abräumen, was ich gedacht habe. Da lachte sie.
 
 
Schwester Viktoria kam und schaute sich meinen Verband mit den Worten „Der sieht aber gut aus! Kaum Blut!“. Na wenn das was schönes ist, dann glaub ich ihr mal! Außerdem wies sie mich an, dass Knie durchzustrecken. Das musste ich erst lernen, denn das ging die letzten vier Jahre nicht. Die ersten Streckübungen machte ich auch. Ich hätte ja vorher nicht gedacht, dass das möglich ist. Doch ich schaffte es schon am Vormittag, alleine (also nicht ganz, mit Hilfe eines Rollators) zur Toilette zu schlurfen. 😃
 
 
Zum Röntgen wurde ich mit einem Rollstuhl und meinem Nachthemdchen gebracht. Man, war mir unterwegs kalt! Wir mussten auch mit dem Fahrstuhl fahren. Doch wir konnten nur mitfahren, wenn niemand in Straßenkleidung mit drin ist, wegen der Ansteckungsgefahr. Also warteten wir da noch ein bisschen in der zugigen Ecke. Das fand ich blöd. 😕
Die Physiotherapiefrau kam dann und guckte sich an, wie ich mit meinen Krücken laufen und die Treppen steigen kann und befand das für gut, obwohl ich nach insgesamt ca. 40 m platt war als hätte ich einen Marathon hinter mir. Das hieß, dass der Liebste mich um 13 Uhr abholen kann. Doch vorher gab es noch Mittagessen. Für mich Milch zum Trinken. 😉

 
Ein sehr schöner Moment war, als ich endlich die Krankenhaussachen aus und meine Kleidung wieder anziehen konnte. War das ein tolles Gefühl! 😁 

Später kam mein OP-Arzt zu mir, erklärte mir, wie die OP verlaufen ist, gab mir eine Kopie der Röntgenbilder von vorher und nachher (Prothese sitzt gut. 😳) und reichte mir einen Zettel bezüglich Medikamentierung für zu Hause.  Zack! schon war er wieder weg.
Tja, und dann hieß es warten auf den Liebsten. Der war überpünktlich und ich hörte ihn schon vom weiten seine tiefe Stimme „Jag vill hämta min fru.“ 😍 „Hier bin ich! Hiehier!“ rief ich. Wir nahmen die Taschen, ich setzte mich in den Rollstuhl und ab ging es in Richtung Häuschen.
Einige Krankenschwestern standen da und verabschiedeten mich winkend. Das war irgendwie schön...
In der Apotheke holten wir noch meine Medikamente (unter anderem Oxycodon oder wie ich zu sagen pflegte, Dr.-House-Tabletten) ab (Hatte ich schon mal erwähnt, dass das hier so geregelt ist, dass die Ärztin das in den Computer eingibt und ich 5 Minuten später in jede Apotheke in Schweden gehen und das Rezept einlösen kann?) und dann ging es wirklich ab nach Hause!
Ich war so froh, wieder zu Hause zu sein! Und noch jemand freute sich darüber, dass ich wieder da bin:

 
Alle Menschen im Lazarett waren augesprochen freundlich, nett, mitfühlend, redeten beruhigend mit mir, als ich mich nicht so gut fühlte und hielten meine Hand, wollten es mir (allen) insgesamt so angenehm wie möglich machen. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar! 💚 Solltet Ihr mal in die Situation kommen, in Falun ins Krankenhaus zu müssen...keine Sorge. Die sind wirklich nett da. 😊 Ja, es ist ihre Arbeit. Doch bei so einer hohen Patientenfluktation ist es sicher nicht immer einfach.
 
Herzliche Grüßels aus Dalarna!
 
Anneke

2 Kommentare:

  1. Härligt att det gått bra. Vill bara påminna dig om att jag finns här. Exempel om du vill ha skjuts eller hjälp med att handla. Kram/Annica

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    1. Hej Annica!
      Tack igen för ditt erbjudande om hjälp!
      Grüßels Anneke

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